Im Frühjahr brennt der Wald – Einsatzbericht von 1927
Am letzten Freitag im Monat blicken wir zurück auf historische Ereignisse bei der Ottobrunner Feuerwehr. Dieses Mal ist das Thema zeitlos – sowohl historisch als ganz aktuell. Verheerende Waldbrände im Sommer wie in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern oder in Südeuropa sind in Ottobrunn kein Thema. Aber jetzt im Frühjahr an den ersten trockenen sonnigen Tagen ist die Ottobrunner Feuerwehr besonders gefordert. Es gab in den letzten Wochen kaum Niederschläge und das ausgetrocknete vorjährige gelbbraune Gras lässt sich leicht entzünden – wie erst vor wenigen Tagen am 13.3.2022 ein Einsatz zeigte. Eine unachtsam weggeworfene Zigarette reichte aus für einen Waldbrand zwischen Röntgenstraße und der Siedlung Am Birkengarten.
Als Ottobrunn noch mehr an den Charakter einer Waldsiedlung erinnerte und sich Wald- und Wiesenflächen überall verstreut zwischen den Siedlungen befanden, gehörten diese Flächenbrände fast schon zum Tagesgeschäft an warmen Frühlingstagen, wie der Blick in das Einsatztagebuch zeigt: vom Frühjahr 1953 bis Frühjahr 1954 rückte die Feuerwehr 22-Mal aus, davon 11-mal zu Waldbränden. Oder an den sechs Tagen vom 5. bis 10. April 1969 löschte man 5 Waldbrände. Sehr häufig stand in den Einsatzberichten als vermutete Ursache die Kinderbrandstiftung – mal war es Absicht und mal versehentlich beim unbeaufsichtigten und verbotenen Spiel mit Streichhölzern und Feuerzeug.
Im ältesten erhalten gebliebenen Einsatzbericht vom 21.4.1927 schreibt Kommandant Kassian Gassner über einen Waldbrand an Brandinspektor Bauer aus Perlach: „Der verherrlichten Bezirksvertretung erlaube ich mir die Anzeige zu erstatten, dass unter Heutigem ein Waldbrand in unserer Ortschaft zu verzeichnen war. Verursacht wurde der Brand nach den bisherigen Feststellungen von schulpflichtigen Kindern. Zu Schaden kam ein 10- bis 15-jähriger Tannenwald. Die Brandfläche befindet sich an der Rosenheimerlandstrasse bei km 10,054 nächst der Gaststätte Waldschlösschen und beträgt die vom Feuer zerstörte Fläche schätzungsweise 2 bis 3 Tagwerk.
Entdeckt wurde das Feuer vormittags 11 Uhr und hielt dasselbe ungefähr eine Stunde an. An der Bekämpfung des Waldbrandes beteiligten sich die verfügbar gewesenen 9 Wehrmänner der Ottobrunner Feuerwehr. Außer diesen beteiligten sich an der Brandbekämpfung auch eine große Anzahl an Nicht-feuerwehrdienstpflichtiger insbesondere ältere Personen und Frauen.
Das Feuer wurde durch den herrschenden Wind sehr begünstigt und es war dem geschickten Eingreifen der Wehrmänner zu verdanken, dass das Feuer in verhältnismäßig kurzer Zeit auf seinen Herd beschränkt werden konnte. Die von unbefugter Hand gerufene Münchner Feuerwehr traf erst ein, als der Brand bereits endgültig gelöscht bzw. eingedämmt war.
Möchte bei dieser Gelegenheit an Sie das dringende Ersuchen gestellt haben, den bei der Brandbekämpfung beteiligten Personen für ihr entschlossenes und geschicktes und zuverlässiges Eingreifens namens der Bezirksregierung die Anerkennung aussprechen zu wollen.“
Fotos von damals gibt es keine und auch die Bekämpfung lief sicher ganz anders ab als heute. 1927 verfügte man nur über eine kleine Handdruckspritze, einen Hydrantenwagen, Löscheimer und wenige Schläuche. Ob und in welchem Maß damit ein Löschen mit Wasser erfolgen konnte, geht nicht aus dem Bericht hervor. Die leistungsfähige motorangetriebene Tragkraftspritze und das Fahrzeug erwarb die Ottobrunner Feuerwehr erst 1928/29. Vielmehr rückte man gegen solche Bodenfeuer von trockenem Gras mit Feuerpatschen und abgerissenen dicht belaubten oder benadelten Ästen vor, um das Feuer auszuschlagen. Mit Spaten, Schaufeln und Rechen entfernte man mühsam vor der Flammenfront die Vegetation, um dem Feuer die Nahrung zu entziehen.