Wer es erlebt hat, vergisst es nie mehr.
Es war sehr heiß am 12.07.1984, 37 Grad zeigte das Thermometer an. Es war sehr schwül. Und dann braute sich abends über dem Allgäu ein Gewitter zusammen, das Richtung Nordwesten über Oberbayern hinweg zog. Von etwa Landsberg/Lech bis Zorneding schlug der Hagel eine Schneise der Verwüstung. Nachdem die Hagelkörner die Dächer, Fassaden und Fenster der Häuser zerschlagen hatte, sorgten heftiger Sturm und sintflutartiger Regen für weitere Schäden. Besonders schwer traf der Hagelsturm den Münchner Osten mit den Stadtteilen Berg am Laim und Trudering sowie die Gemeinden Haar, Vaterstetten und Zorneding. Etwa 80 % der Hausdächer in Haar waren zerstört. Sturm und Hagel schlugen das Laub von den Bäumen und knicken Äste ab. Diese verstopften die Regenwasserabläufe, so dass die Straßen vom Gewitterregen überschwemmt waren.
Die Bilanz: Mit 3 Milliarden DM war es der bis dahin weltweit massivste Hagelschaden, der von den deutschen Rückversicherern zu regulieren war. Es ging um etwa 240.000 zerbeulte Fahrzeuge, rund 70.000 beschädigte Gebäude und einen kompletten Ernteverlust auf rund 20.000 Hektar. Autos mit „Münchner Hagelschlagdesign“ waren damals überall zu sehen.
An Ottobrunn zog die Hagelfront ganz knapp nördlich vorbei. Aber Sturm und Regen sorgte auch hier für viele Einsätze. Von besonderer Bedeutung war die mehrtägige Hilfeleistung in Haar. Es handelte sich um den größten Einsatz oberbayerischer Feuerwehren seit einem Bergwaldbrand im Jahr 1947. Alleine in der Gemeinde Haar und auf dem Gelände des Bezirkskrankenhauses (heute Isar-Amper-Klinikum) standen 2500 Feuerwehrleute und viele Soldaten die Bundeswehr mehrere Tage lang im Einsatz, um die Dächer mit Folien abzudecken. Die Ottobrunner Einsatzkräfte waren von Freitag 13. Juli bis Dienstag 17. Juli 1984 insgesamt 48 Stunden lang in Haar eingesetzt:
- Donnerstag 12.07.1984: 20.37 Uhr Sirenenalarm für die Ottobrunner Feuerwehr. 40 Kameraden erschienen und arbeiteten in Ottobrunn und Neubiberg 17 Einsätze bis tief in die Nacht um 2.15 Uhr ab. Es handelte sich um 5 umgestürzte Bäume, 9 Wassereinbrüche in Gebäude, 2 undichte Dächer und den Brand des Trafos einer Leuchtreklame.
- Freitag 13.07.1984: Ab 8.57 Uhr erledigte die Ottobrunner Feuerwehr weitere 8 Einsätze. Wieder handelte es sich um umgestürzte Bäume und Wassereinbrüche in Gebäude. Von 14.49 bis 22.38 Uhr ging es zum ersten Mal nach Haar zum Abdichten der zerstörten Dächer. 30 Einsatzkräfte waren dort mit DL 30, LF 16 TS, RW 2 sowie Kdow, ELW und MZF.
- Samstag 14.07.1984: Von 9.39 bis 22.50 Uhr waren 26 Ottobrunner mit DL 30, TLF 16, LF 16 TS, Kdow und ELW in Salmdorf und Haar eingesetzt.
- Sonntag 15.07.1984: Für den Zeitraum von 7.35 bis 21.15 Uhr verzeichnet der Einsatzbericht alleine für das TLF 16 in Haar 8 Einsatzstellen. 15 Kameraden fuhren mit der DL 30, TLF 16 und MZF nach Haar.
- Montag 16.07.1984: Es waren vor allem Einsatzkräfte gefragt, die auf den Dächern Dachziegel verlegten und Planen befestigten. Von 7.30 bis 18.56 Uhr waren 11 Kameraden mit Kdow, MZF und TLF 16 in Haar eingesetzt.
- Dienstag 17.07.1984: zum letzten Mal rückten DL 30, LF 16 TS und Kdow mit 12 Einsatzkräften von 17.19 bis 18.36 Uhr nach Haar aus.
Ältere Einsatzkräfte, die hunderte oder tausende Einsätze erlebt haben und länger grübeln müssen, in welchem Jahr welcher Großbrand war, wissen ohne Nachzudenken noch genau, wie sie den 12. Juli 1984 erlebt haben. So sehr hat dieses Unwetter beeindruckt. Der heutige Vorstand Klaus Ortmeier erinnert sich: „Eigentlich durfte ich damals noch nicht ausrücken, denn ich steckte als Anwärter noch mitten in der Feuerwehrausbildung. Da aber jede helfende Hand benötigt wurde, saß ich kurz darauf in einem Fahrzeug. Fast eine Woche lang deckten wir in Haar vom Hagel und Sturm zerstörte Hausdächer mit Folien und Dachziegeln wieder zu. Dieses Erlebnis der Kameradschaft, das Zusammenwirken von Feuerwehren aus ganz Oberbayern sowie die Dankbarkeit der Bevölkerung haben mich für meinen Weg in der Feuerwehr bestärkt und geprägt.“
Im Gegensatz zu heute, haben die Einsatzkräfte damals fast keine Fotos gemacht. Es hätte jemand seine private Kamera mitnehmen müssen. Im Archiv der Ottobrunner Feuerwehr findet sich nur dieses eine Foto.