Massive Menschenrettung über Steckleitern, 17 Verletzte, Brandstiftung im Treppenhaus – das sind die Schlagworte zum Großeinsatz am 28.06.16 in Ottobrunn
Etwa 100 Personen sind in einem dreigeschossigen Wohnhaus an der Ottostraße gemeldet. Mitten in der Nacht schlugen die Rauchmelder in mehreren Wohnungen Alarm. Als die aus dem Schlaf aufgeschreckten Bewohner die Türen zum Flur öffneten, war ihnen der Fluchtweg versperrt. Wie sich später herausstellt, brannte im Erdgeschoß des Treppenhauses ein Sofa. Da auf allen drei Etagen die Brandschutztüren mit Keilen offengehalten und somit nutzlos wurden, konnte sich der dichte Rauch ungehindert im etwa 50 Meter langen und etwa 15 Meter breiten Gebäude ausbreiten. Durch die nicht dicht schließenden Wohnungstüren drückte der Rauch in die Zimmer. Daher blieb den Bewohnern nur die Flucht an die Fenster. Viele Erdgeschoßbewohner kletterten selber heraus. Wer im 1. oder 2. Stock wohnte, konnte sich nicht mehr in Sicherheit bringen.
Als Kommandant Eduard Klas vier Minuten nach dem Alarm als erster an der Einsatzstelle eintraf, stand das Gebäude auf beiden Seiten an allen Stockwerken auf mehr als der Hälfte in dichtem Rauch. Menschen hingen an den offenen Fenstern während über ihnen der Rauch herausquoll, schrieen in Panik um Hilfe und riefen ihm zu, dass sie gleich hinunterspringen werden. Die Feuerwehreinsatzzentrale hatte auf Grund der Vielzahl der Notrufe um 2.56 Uhr die Feuerwehren Ottobrunn und Neubiberg zusammen alarmiert. In Anbetracht der Vielzahl akut bedrohter Personen wurde vom Einsatzleiter die Rettungsdienststufe „MANV 25“ angefordert. Somit standen innerhalb weniger Minuten etwa 50 Ottobrunner und 20 Neubiberger Feuerwehrler sowie etwa 40 Helfer des Rettungsdienstes an der Einsatzstelle zur Verfügung.
Da die Flure verraucht waren, erfolgten die Rettungen mit allen verfügbaren Steckleiterteilen und über den Teleskopgelenkmast der Feuerwehr Neubiberg. Die sofort vorgenommene Suche unter Atemschutz auf den Fluren brachte die erlösende Nachricht, dass dort niemand bei einem Fluchtversuch durch das verrauchte Treppenhaus liegengeblieben war. Kommandant Klas und anderen Einsatzkräften gelang es, die Personen zu beruhigen und vom Springen abzuhalten. Der auf der Drehleiter mitgeführte Sprungretter stand mit einem Trageteam in Bereitschaft.
Die mit Klas zeitgleich eingetroffene Polizeistreife brachte ihren Pulverlöscher P12 an der Eingangstüre zum Einsatz und schlug damit die Flammen nieder. Ein Angriffstrupp löschte zügig das Feuer. Die Polizei geht bei ihren Ermittlungen von Brandstiftung aus. Klas gliederte sofort die Einsatzstelle in drei Abschnitte:
- Menschenrettung an der Westseite durch die Feuerwehr Neubiberg unter Leitung ihres Kommandanten
- Verletztensammelstelle durch KBM Dr. Hardi
- Brandbekämpfung, Menschenrettung Ostseite und Nachschub der Ottobrunner Feuerwehr durch Brandmeister Plitz
Der in Ottobrunn wohnende KBI Erwin Ettl stand dem Einsatzleiter Klas unterstützend zur Seite.
Rettungsdienst und Polizei sichteten und registrierten die Geretteten und versorgten die 17 Verletzten mit Anzeichen auf Rauchvergiftung. Hierbei kam das im Ottobrunner Gerätehaus gelagerte Cyano-Kit – ein Medikament zur Minderung schwerer Rauchgasintoxikationen – zum Einsatz. Die Berufsfeuerwehr München stand im Rahmen des Rettungsdienstes unter anderem mit ihrem Großraumrettungswagen im Einsatz.
Ein vierter Einsatzabschnitt bildete sich am Gerätehaus. Dort hatte die SEG des Rettungsdienstes Quartier bezogen. Mit dem GRTW und MTW der Feuerwehr wurden 56 unverletzte oder leicht verletzte Bewohner zum Gerätehaus gebracht, vom Rettungsdienst registriert und behandelt. Einige Feuerwehrmitglieder organisierten dort unter der Leitung von 2. Kommandanten Klaus Ortmeier eine Betreuung und Verpflegung im Schulungsraum. Die bei der Planung des Gerätehauses bereits in Betracht gezogene Funktion der Betreuung der Bevölkerung hat sich hier im Ernstfall bestens bewährt. Bürgermeister Thoms Loderer und eine Leitungskraft des Ordnungsamtes kamen mitten in der Nacht an die Einsatzstelle, unterhielten sich mit den Geretteten und beruhigten diese. Bevor man zum Einsatzende gegen 7.00 Uhr die Geretteten vom Gerätehaus wieder zurück fuhr, sicherte Bürgermeister Loderer ihnen Hilfe zu. Einsatzleiter Klas und der leitende Notarzt informierten über den Einsatzablauf und gaben ihre Empfehlungen für die Rückkehr in das Brandobjekt.
In einem nachfolgenden Hilfeleistungseinsatz am frühen Vormittag sicherte die Feuerwehr 22 Wohnungstüren. Denn sie musste bei der Menschenrettung und der Kontrolle der Wohnungen auf im Rauch schlafende oder zusammengebrochene Bewohner viele Türen gewaltsam öffnen.
Kommandant Klas bedankte sich für die sehr gute Zusammenarbeit mit den Rettungsdiensten, der Nachbarwehr Neubiberg, der BF München, der Kreisbrandinspektion, der Polizei und der Gemeindeverwaltung.
Laut Einsatzbericht setze die Ottobrunner Feuerwehr unter anderem ein: 13 Preßluftatmer, 1 C-Rohr, 12 Steckleiterteile, 2 Wärmebildkameras, 2 Lichtmaste, 1 Hochleistungslüfter. Hinzu kommt das von der FF Neubiberg verwendete Material.
Link zu Fotos beim Münchner Merkur:
Link zu einem Film in den SAT1-Nachrichten als erster Beitrag:
https://www.sat1bayern.de/news/20160628/brennendes-sofa-in-ottobrunn/
Dank an die FF Neubiberg für einige Fotos von der Einsatzstelle: