Rückblick auf zwei Rüstwagen RW 2, von denen einer gerade als LKW nach Griechenland ging.

An jedem letzten Freitag im Monat werfen wir einen Blick auf die Geschichte der Ottobrunner Feuerwehr. Heute geht es um die den Zeitraum 1973 bis 2006. Denn in diesen Jahren gehörten Rüstwagen vom Typ RW 2 zum Fuhrpark.

Nur Feuer löschen – wie der Name Feuerwehr aussagt – das ist schon lange nicht mehr die alleinige Aufgabe der Feuerwehren. Sie entwickelten sich in der Nachkriegszeit zum „Allrounder“ für alle Fälle, wo Menschen Hilfe brauchen, wenn sie in Not geraten und sich nicht zu helfen zu wissen. Zur Brandbekämpfung kam das weite Aufgabenfeld der technischen Hilfeleistung hinzu. Den Trend verspürten zuerst die Großstadtfeuerwehren. Aber in den 1960er und 1970er Jahren kam das Thema auch bei den Freiwilligen Feuerwehren an. Verkehrsunfälle, Sturmschäden, Wasserschäden, Maschinenunfälle, Einsturz von Gebäuden, Ölschäden … die Vielfalt der Einsätze zur technischen Hilfeleistung und zur Abwehr von Umweltgefahren ist unendlich. Diese Erkenntnis gewann auch die damalige Führung der Ottobrunner Feuerwehr und handelte. 1955 kaufte man einen gebrauchten Lieferwagen und bestückte ihn mit einigen einfachen Geräten zur Hilfeleistung. Von 1962 bis 1967 lief ein früheres Löschfahrzeug aus Kriegsbeständen noch in der Funktion als Rüstkraft- und Mannschaftswagen. 1969 baute man in Eigenarbeit einen Anhänger für diese Aufgabe aus.

Wohin der Trend ging, zeigen die Zahlen des Jahres 1973: Von 93 Einsätzen hatten nur noch 35 einen Brand als Ursache und sieben waren böswillige Alarmierungen. Die meisten, nämlich 51, bezogen sich auf Rettungen, Bergungen und technische Hilfeleistungen. Inzwischen bot die Feuerwehrgeräteindustrie Rüstwagen in den drei Größen RW 1, RW 2 und RW 3 als Allzweckgerät für die technische Hilfeleistung an. Der kleine Rüstwagen RW 1 hat sich in Bayern nicht durchgesetzt, die großen RW 3 leisteten sich nur große Berufsfeuerwehren wie München, Nürnberg und Regensburg. Weite Verbreitung fand der RW 2. Die Norm schrieb dafür vor: Allradfahrzeug mit 11 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht, fest eingebautem Generator von 20 kVA Leistung, Seilwinde mit 50 kN Zugkraft und Lichtmast sowie eine dreiköpfige Besatzung.

1973 – der erste RW 2

Die ersten beiden RW 2 im Landkreis München kauften 1973 die Gemeinden Gräfelfing und Ottobrunn, zufällig dieselben Fahrzeuge: Magirus-Deutz FM 170 D 11 FA in der ersten Ausführung mit kurzem Radstand von 3200 Millimetern und Aufbau von Magirus. Die hydraulische Rettungsschere, an die man bei Rüstwagen sofort denkt, war zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt. Die erste in Europa kam 1973 zur Feuerwehr Ulm und dann verbreitete sich diese Technik in Windeseile. Ab 1975 gehörte sie in Ottobrunn auch zur Beladung des RW 2. Mit dem Rüstwagen eilte die FF Ottobrunn bei der Alarmmeldung „Verkehrsunfall – Person eingeklemmt“ zu vielen Einsatzstellen im südöstlichen Landkreis. Aber auch größere Ölwehreinsätze in Unterschleißheim und Feldkirchen sowie ein Garageneinsturz in Pullach stehen in den Einsatzprotokollen – und eines der schwersten Zugunglücke in Deutschland am 8. Juni 1975 in Warngau (Landkreis Miesbach) mit 41 Toten.

Von 1973 bis 1990 setzte die FF Ottobrunn einen RW 2 auf Magirus-Deutz FM 170 D 11 FA ein. Den Aufbau fertigte ebenfalls die Firma Magirus.

In den großen Schubladen, die man seitlich herauszog und abklappte, steckte ein Großteil der Ausrüstung. Dafür brauchte man Platz neben dem Fahrzeug. Im G2 lagerte in der orangen Kiste ein Autogen-Schneidgerät. Im G4 sieht man die Stufenheber und die dafür nötige Hydraulikpumpe. Büffelwinden liegen im G6 direkt über der Hinterachse. Im G8 fanden sich Greifzug, Trommel mit dem Greifzugseil und Stahlseile zum Anschlagen der Last.

Linksseitig lagerte im RW 2 im G1 der Rettungsspreizer mit seinem Hydraulikaggregat, darüber die Kabeltrommeln. Im G3 waren Preßluftatmer, Kettensäge und Trennschleifer untergebracht. Den G5 nahm das Belüftungsaggregat mit Lutten ein. Am Bedienfeld im G7 bediente der Maschinist den Stromerzeuger, daneben und darüber war die Ölwehrbeladung verstaut.

1990 – ein neuer RW 2

Gerne hätte man 1989, im Jahr des 75. Bestehens der FF Ottobrunn, den neuen RW 2 gesegnet. Aber Lieferverzögerungen bei Magirus führten zu einer Auslieferung erst im Sommer 1990. Fahrgestell war der IVECO 120-23 AW. Der alte RW 2 verschwand deshalb nicht aus dem Fuhrpark. Er erhielt eine neue Aufgabe. Zur Sicherstellung der Wasserversorgung in den neu erschlossenen Gewerbegebieten am Haidgraben bauten die Gerätewarte und einige engagierte Kameraden den Innenraum des Gerätekoffers um. Sie brachten 1400 Meter B-Schlauch in Buchten sowie eine Tragkraftspritze unter und beluden ihn mit der Ölwehr- und Gefahrgutausrüstung. Als SW 1400 GW-Öl lief er bis 2001 im Fuhrpark, dann ersetzte ihn der Abrollbehälter Schlauch. Ein Gebrauchtfahrzeughändler erwarb den robusten luftgekühlten Magirus für den Export ins Ausland. Der weitere Verbleib des ersten RW 2 ist unbekannt.

Die große Arbeitserleichterung beim neuen RW 2 lag in der ergonomisch optimierten Entnahme der schweren Ausrüstungen aus den tiefgezogenen Geräteräumen – eine Bauart, die Ende der 1980er Jahre im Feuerwehrfahrzeugbau Einzug hielt. Die Leistungsdaten von Generator und Winde waren der Norm entsprechend noch dieselben. Die Beladung konnte fast vollständig mit leistungsfähigeren Geräten erneuert werden. Insbesondere der Umfang an hydraulischen Rettungsgeräten wuchs an mit Rettungsspreizer, Rettungsschere, Spreizzylindern und einem Satz verschieden starker Stufenheber.

Der IVECO 120-23 AW lief als RW 2 bei der Ottobrunner Feuerwehr von 1990 bis 2006. Wiederum lieferte Magirus den Aufbau. Danach baute man ihn zum LKW um.

Im breiten tiefgezogenen Geräteraum G1 lagerten tragbarer Stromerzeuger 5kVA, Belüftungsgeräte, Preßluftatmer, Kabeltrommeln, Kettensäge und Trennschleifer sowie Verkehrswarnkegel. In die Kiste über der Hinterachse steckte der Greifzug. Der hintere Geräteraum G5 hatte sich mit Generatorbedienfeld und Ölwehrausrüstung nicht verändert gegenüber dem Vorgänger.

Im Geräteraum G2 waren die hydraulischen Rettungsgeräte und Hebekissen. Im G4 über der Hinterachse befanden sich Feuerlöscher und Rüsthölzer. Weiteres Rüstholz gab es auch im G6 sowie das Autogen-Schneidgerät, Handwerkskasten und Seilstropps. Hinten lagerten Hebekissen, Rüstholz und Bauspindeln. In der nachträglich unter dem Aufbau montierten Kiste steckte eine Lkw-Rettungsplattform.

2006 – Ersatz durch AB-Rüst und Umbau zum LKW

Im Zuge eines neuen Fahrzeugkonzeptes entschieden sich die Führungskräfte, den RW 2 bereits 2006 wieder auszumustern. Die technische Hilfeleistung übernahm nun das HLF 20 mit Unterstützung des Abrollbehälters Rüst. Das bedeutete aber nicht das Aus für den IVECO. Die ursprüngliche Absicht war, ihn zu verkaufen und mit dem Erlös einen gebrauchten LKW anzuschaffen. Die Marktanalyse zeigte jedoch, dass man wohl keine ausreichend hohe Summe erzielen könne, die für einen LKW in akzeptablem Zustand ausreichen würde. So entstand der Plan, das Fahrzeug umzubauen. Damit standen Winde, Generator und Lichtmast weiterhin für Einsätze zur Verfügung. Nach Genehmigung durch die Gemeinde demontierten Kameraden den Aufbau und die Unterhachinger Firma Hutterer setzte einen Pritschenaufbau mit Ladebordwand auf das Fahrgestell. Die Kosten für den Umbau belasteten den Gemeindehaushalt nicht, denn der Feuerwehrverein finanzierte diesen komplett aus Spenden und Förderbeiträgen. Zudem schloss man ein Sponsoringabkommen mit der Energieversorgung Ottobrunn GmbH ab. Mit der Indienststellung eines weiteren Wechselladers mit dem Abrollbehälter Logistik/Rüst im Mai 2021 schied der IVECO aus dem Fuhrpark der Ottobrunner Feuerwehr aus, um weiterhin bei einer Feuerwehr auf der griechischen Peloponnes wertvolle Dienste zu leisten.